Twitch vs. Trovo – Streamingplattformen

Die Streamingwelt befindet sich in wilden Zeiten, und täglich kommen neue Nachrichten und neue Streamingplattformen. Zuerst kam die große Nachricht, dass Microsoft entschieden hat seine Plattform Mixer im Juli zu schließen. Ninja und Shroud haben den Deal des Jahres gemacht und sind Free Agents, d.h. frei und haben einen Haufen Geld bekommen. Dr.Disrespect ist von der Plattform Twitch gebannt worden und bisher gibt es keinerlei Informationen zu der Ursache. Da aber beide Seiten nichts veröffentlichen heißt es weiter Rätsel raten. 

Jetzt stehen wir hier in diesem Tohuwabohu und plötzlich sprießen neue Streaming Plattformen aus dem Boden. Aus dem Nichts hören wir von Namen wie Trovo, Brime und Altair, Gerüchte wer wem folgt und wer diese Plattformen eigentlich auf die Beine stellt. 

Die neuen Plattformen:

BRIME – zumindest ist das der Codename auf Twitter, denn mehr als einen offiziellen Social Media Account gibt es nicht. Die Domain brime.tv scheint nicht zum Social Media Account zu gehören. Der Account wirkt nicht sehr professionell und spielt bewusst mit dem “Vielleicht eventuell” und den Namen von großen Streamern.

ALTAIR – Bisher gibt es auch hier nur einen Social Media Account mit einem “Manifesto”, quasi einer eigenen Agenda und Vision. Sie wollen die Plattform nicht durch Werbung finanzieren und sammeln auf Twitter Ideen und Wünsche für zukünftige User. 

TROVO – Wahrscheinlich der Big Player in der ganzen Situation. Der Dienst wurde auf die Beine gestellte von Tencent – einer riesigen Firma aus dem asiatischen Bereich, die einen Twitch Klon in der Beta an den Start gebracht hat.

Während Brime und Altair aktuell noch Visionen sind und im Aufbau stehen, ist nur ein möglicher Konkurrent wirklich hinzugekommen: TROVO. Neben Twitch als Platzhirsch, gibt es noch Facebook und YoutubeGaming, die im mittleren Feld aktiv sind. Die einzigen beiden Plattformen, die ebenfalls Wachstum verzeichnen konnten und immer noch versuchen an Bedeutung zu gewinnen. Gerade jetzt wo Mixer zu macht und Ninja und Shroud auf dem Markt sind, ist die Situation besonders spannend. Ninja hat zwischenzeitlich einen Stream auf Youtube gemacht, aber eher als Lebenszeichen und gesagt, dass es noch Verhandlungen gibt, wo er zukünftig streamen wird. DrDisrespect ist weiterhin auf Twitch gebannt und auch von ihm gibt es keine weiteren Informationen. Facebook und Youtube werden sicherlich ihre Fühler ausstrecken und gucken, ob sie einen der Creator für sich gewinnen können. Twitch wird aber sicherlich auch nicht abgeneigt sein die Streamer wieder zurück zu holen. Es bleibt also spannend. 

Trovo – neu auf dem Markt

Aber, was ist jetzt mit TROVO? Der Zeitpunkt mit der neuen Plattform an den Start zu gehen und in eine öffentliche BETA zu starten ist sehr interessant, da Mixer gerade die Schließung bekannt gegeben hat. Außerdem haben sie im Vergleich zu den anderen Plattformen eine Sache schon richtig gemacht: Sie sind Benutzerfreundlich, intuitiv und sehen Twitch zum verwechseln ähnlich. Für Twitchzuschauer schon einmal ein leichter Umstieg. Der spannendste Punkt an Trovo ist definitiv die Firma die dahinter steckt: Tencent. Sie besitzen Anteile an vielen großen Projekten in der Gamingbranche: Epic Games, Acitivision Blizzard, Frontier, Funcom, Paradox Interactive, Riot Games (mit Valorant), Spotify, Tesla, Ubisoft und so weiter. Die Liste lässt sich lange weiterführen. Die Aktien der Firma sind in den letzten Wochen durch die Decke gegangen und der Einfluss wird immer größer. Doch warum spielt das eine Rolle? Stellen wir uns ein Szenario vor in dem Tencent ernsthaft Konkurrenz zu Twitch werden will? Trovo zieht alle Joker, könnte Exklusiv Verträge abschließen, und Spiele wie Valorant, League of Legends und Tft, sowie weitere Titel, die es aktuell auf Epic Games, gibt an Trovo binden – dass sie nur noch dort gestreamt werden dürfen. Ganze Sparten würden von Twitch verschwinden – inklusive der dazugehörigen Profi-Spieler. Viele Zuschauer würden mitgehen, weil sie explizit diese Spiele sehen wollen, oder ihre Lieblingsstreamer. Hinzu kommt, dass Trovo mit einem sehr lukrativen Partnerprogramm seine Creator finanziell gut entlohnen will. Der Streamer ist hier nicht nur von Abonnements abhängig, sondern wir auch nach Reichweite bezahlt. Streamer, die auf Twitch im kleineren bis mittleren Segment streamen, können auf Trovo finanziell deutlich besser dastehen – zumindest aktuell. Und das ist der große Punkt: Eine Plattform die finanziell gut aufgestellt ist, in der Branche bereits einen Namen und Einfluss hat und jetzt einen Klon auf die Beine stellt – KÖNNTE zukünftig Konkurrenz sein. Aber ob das so kommen wird – kann aktuell keiner sagen. Man sollte die Plattform allerdings im Auge behalten. 

Ein großer Kritikpunkt an anderen Streamingplattformen als Twitch ist oft die Benutzerfreundlichkeit. Dadurch, dass Trovo sehr ähnlich ist, haben sie hier schon einmal einen wichtigen Punkt aufgegriffen. Außerdem probieren gerade auf Twitch gebannte Streamer die Plattform aus und können hier bereits kleine Erfolge verzeichnen. Doch um ernsthaft Konkurrenz zu sein, muss da mehr kommen – als andere bisher bereits versucht haben. Die Plattformen leben eben nicht von ihren Streamern – wie man bei Mixer mit Ninja und Shroud gesehen hat – sondern von den Zuschauern. Denn die machen den Großteil der Nutzer aus. Eine neue Plattform muss dem Zuschauer einen Grund geben zu wechseln: Mehr Möglichkeiten, Funktionen und Komfortabilität. Sie müssen sich vor allem von der technischen Seite besser aufstellen, und Dinge besser machen. Sie müssen darauf hören, was sich Creator und Zuschauer wünschen und nicht einfach nur eine weitere Plattform sein. 

Trovo befindet sich aktuell in einer BETA, trotzdem haben sie schon kleine Funktionen, die Twitch aktuell noch nicht bieten kann (z.B. Instant Replay) und sie setzen nicht auf die Verpflichtung großer Streamer gleich zum Anfang. Aktuell wollen sie organisch wachsen und es gibt keine bekannten Pläne große Namen zu verpflichten. Aktuell setzen sie mit ihrem Partnerprogramm vor allem auf kleine und mittlere Streamer – und das könnte ein kluger Schachzug sein – denn die wirklich großen Streamer machen auf Twitch nur einen geringen Anteil der Live-Kanäle aus.

Plattform wechseln – ja oder nein?

Sollte man jetzt auf Trovo wechseln und versuchen dort zu den ersten gehören? SEHR GUTE FRAGE. Die Plattform und das Interesse an ihr wächst zunehmend, Tencent wird immer erfolgreicher. Als Twitchpartner oder Affiliate mit der Exklusivitätsklausel für Content auf Twitch würde ich aktuell vorsichtig sein und nicht mit dem Feuer spielen – dafür ist es zu früh. Hat man allerdings diese Klausel nicht, oder sie nur für Gaming Content, kann es mit Sicherheit nicht schaden, neue Dinge auszuprobieren. Sollte man keinerlei Verpflichtungen gegenüber Twitch haben, kann man es einfach ausprobieren. Man könnte ausprobieren auf beiden Plattformen gleichzeitig zu streamen und sich dort bereits einen Namen zu machen. Gleichzeitig wird zukünftig hoffentlich über restream.io möglich sein – das würde das Ganze besonders einfach machen. Ohne Verpflichtungen kann man jetzt bereits mit kleiner Reichweite auf Trovo Geld verdienen – allerdings weiß man nicht wo die Reise hingeht. Es kann keiner sagen, ob Trovo zukünftig mitspielen kann oder sich in Monaten oder Jahren auch im unteren Mittelfeld hinter Twitch wiederfinden wird. 

In jedem Szenario sollte man außerdem bedenken, dass es sich hier um ein asiatisches Unternehmen handelt und vor allem diesen Markt zuerst für sich gewinnen will. Esports ist dort sehr beliebt und eine große Sache, außerdem ist der mobile Markt dort viel stärker als in Europa. Die Ansprüche, Regeln und Strafen könnten entsprechend sein und auch politische Statements könnten nicht so einfach sein. Trovo hat sich bisher noch keinen Namen gemacht – wird das aber definitiv zukünftig versuchen wollen. Es kann Glück sein, als einer der Ersten dort zu sein, es kann aber auch verschwendete Mühe sein. 

Trovo ist aber definitiv eine Plattform, die man im Auge behalten sollte. Bevor dort jedoch der große Sprung auf den Markt kommt, wird es noch ein bisschen dauern. Bis dahin kann man sich auf jeden Fall bereits seinen Namen sichern. Denn wenn er eine Marke aufbaut, möchte seinen Namen gesichert wissen. 

Wollen wir das Trovo groß wird? JA, unbedingt. Warum? Weil Twitch einen richtigen Konkurrenten braucht. Konkurrenz belebt das Geschäft und Twitch würde endlich wieder an den Punkt kommen sich Gedanken darüber zu machen, wie man sich von der Konkurrenz absetzt. Neue Techniken, Funktionen und Innovation – all das sind Dinge die in den letzten Monaten und Jahren leider sehr langsam voran gehen. Twitch steht auf der Stelle und alle Neuerungen aktuell sind fast ausschließlich auf Monetarisierung ausgelegt. Es fehlt an Fortschritt und Neuerungen. Es gibt keine Verbesserungen in Qualität oder in Funktionen die einzigartig sind. Nur durch Konkurrenz kann Twitch voran kommen. Twitch hat selbst noch so viele Baustellen und Dinge die nicht funktionieren, Wünsche von Content Creatorn und Zuschauern, die lange auf der Strecke bleiben. 

Was meint ihr: Hat Trovo eine echte Chance? Werdet ihr die neue Plattform ausprobieren?